Boliviens Präsident kritisiert Haushaltspolitik Washingtons scharf. Einsparungen bei Kriegen und Militärbasen könnten finanzielle Probleme lösen
Würde an Obamas Stelle beim Militär sparen: Evo Morales bei seiner Rede am Samstag
La Paz. Boliviens Präsident Evo Morales hat am Samstag den USA zur Kürzung ihrer Militärausgaben geraten, um damit dem Rekorddefizit abzuhelfen. Das Thema bestimmt derzeit die Debatten in den USA und hat auch Reaktionen in Europa und China ausgelöst. Mit Morales äußerte sich der erste südamerikanische Staatschef mit Ratschlägen zur US-Schuldenkrise.
Morales rechnete vor, dass die USA "allein für Militärbasen überall auf der Welt rund 120 Milliarden US-Dollar ausgeben, ganz zu schweigen von den Kosten für die Truppen in Afghanistan und im Irak". Zwar spreche US-Präsident Barack Obama von einem Defizit, dass sein eigenes Land ernsthaft bedrohe, doch hätten die USA scheinbar "keine finanziellen Schwierigkeiten, die Menschenrechte, die Würde und die Souveränität vieler Länder zu verletzen", so Morales weiter bei seiner Rede auf der Feier zu 202 Jahren Unabhängigkeit der bolivianischen Stadt La Paz.
Würde Washington die Staatseinnahmen nicht "für Militärbasen und Truppen überall auf der Welt verschwenden, könnten sich die USA mit Leichtigkeit aus ihrer Wirtschaftskrise befreien", betonte Morales. Mit seinem Vorschlag seien Einsparungen in Milliardenhöhe erreichbar und "es wäre zukünftig unmöglich, dass die USA diese wirtschaftlichen Probleme hätten".
Die Politik des Kapitalismus und des Imperialismus verursache "einen Bankrott nach dem anderen", kritisierte der Präsident des Andenstaates. Bolivien hingegen, wo "die Politik des guten Lebens ('buen virir') und des kommunitären Sozialismus" praktiziert werde, verzeichne ein stabiles Wirtschaftswachstum. Tatsächlich verzeichnen derzeit alle linksregierten Staaten Lateinamerikas ein stabiles Wirtschaftswachstum. Dies gilt nicht nur für Länder mit moderaten linken Regierungen wie Argentinien, Brasilien oder Uruguay, sondern ebenfalls für die sozialistisch-orientierten Staaten wie Venezuela, Ecuador und Bolivien. Auch das sozialistische Kuba kann seit Jahren ein stabiles, wenn auch bescheidenes Wirtschaftswachstum verzeichnen.
Mit dem Wirtschaftswachstum der USA hingegen könnte es bald erst einmal vorbei sein und eine Rezession wie zuletzt im Jahr 2000 stünde bevor. Das US-Finanzministerium warnt, die Schuldengrenze müsste um mindestens zwei Billionen US-Dollar angehoben werden, damit die Regierung ihre Schulden bis zur Präsidentschaftswahl im November 2012 bedienen kann. Die US-Regierung plant sogar eine Anhebung um vier Billionen Dollar sowie eine Reichensteuer. Sollte der Kongress dem nicht zustimmen, müssten die USA am 2. August ihre Zahlungsunfähigkeit erklären. Bereits jetzt übersteigt die Gesamtverschuldung des immer noch wichtigsten Handelspartner von Lateinamerika 14,2 Billionen US-Dollar. Es wird davon ausgegangen, dass die Schulden der USA bis 2012 den Gesamtwert der US-Produktion übersteigen werden.
|
Von Jascha Goltermann, La Paz
|
|