Boliviens Präsident kritisiert Privatisierung von Trinkwasser. Breiter Zuspruch von Staaten des Südens. Nur Venezuela erreicht bisher Millenniumsziel
Von Jascha Goltermann, La Paz
01.08.2011 08:14
New York/La Paz. Boliviens Präsident Evo Morales hat vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York die sozialen und ökonomischen Konsequenzen des weltweit wachsenden Trends der Privatisierung von Wasservorkommen- und Versorgung kritisiert. "Wenn wir die Rechte der Mutter Erde nicht respektieren, können wir auch die Menschenrechte nicht respektieren", sagte er bereits auf einer Pressekonferenz in der UNO-Zentrale vor seiner Rede vor Vertretern der 193 Mitgliedsstaaten Mitte vergangener Woche. Die UNO müsse Regeln implementieren, um den Anspruch auf Wasser zu stärken, so Morales. Er begrüßte, dass die Vereinten Nationen den Zugang zu Wasser im letzten Jahr zu einem universellen Menschenrecht erklärt haben.
Weltweit haben mehr als zwei Milliarden Menschen keinen Zugang zu sanitären Einrichtungen und sauberem Wasser. Im April diesen Jahres lobte ein UN-Bericht die Regierung Boliviens dafür, dass immer weniger Menschen im Land dieser Zugang verwehrt bleibt. Mit den Millennium-Entwicklungszielen der UN hat sich die internationale Gemeinschaft dazu verpflichtet, den Anteil von Menschen ohne dauerhaft gesicherten Zugang zu sauberem Trinkwasser bis zum Jahr 2015 zu halbieren. Ein Ziel, das auf nationaler Ebene bisher lediglich Venezuela erreicht hat. Morales stellte vor der UN-Generalversammlung daher auch den nationalen Aktionsplan Programa Mi Agua (Mein-Wasser-Programm) vor, den durch Investition in Höhe von umgerechnet 100 Millionen US-Dollar den Wasserzugang der mehr als zehn Millionen Bolivianer sicherstellen soll.
UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon wiederum warnte zwar davor, dass die internationale Gemeinschaft ihr Millenniumziel nicht erreichen werde, fügte aber an: "Ein Grundrecht auf Wasser und sanitäre Einrichtungen bedeutet nicht, dass Wasser umsonst sein sollte". Evo Morales widersprach dem: "Ohne Wasser kann es kein Leben geben", so Boliviens Präsident, "und mit einem Wettbewerb jeglicher Art, kann das Armutsproblem nicht gelöst werden". Morales´ Standpunkt nach ist Wasser "ein elementares öffentliches Bedürfnis, das nicht durch private Interessen verwaltet werden darf und das jedem kostenlos zur Verfügung stehen sollte".
Dieser Standpunkt brachte ihm bei vielen Diplomaten, besonders aus Entwicklungsländern, Applaus ein. Auch Kate Fried von der Nichtregierungsorganisation Food and Water Watch teilt diese Sicht und meinte: "Wasser ist ein Menschenrecht. Die Privatwirtschaft kann keinen ausreichend gerechten Service für die Verbraucher bieten, dieser lässt sich wirksamer als öffentliches Eigentum gewährleisten." Für Morales Vorschlag, Wasser nicht als Handelsgut der Privatwirtschaft sondern allein als universelles Recht anzuerkennen, votierten daraufhin 122 Länder. Kein Mitgliedsstaat stimmte dagegen, lediglich 41 enthielten sich, darunter viele Industriestaaten.
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