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SPD-Führung läßt Proteste »abregnen«
Es fällt auf, daß die SPD-Führung auf den offensichtlichen Zerfall ihrer Partei zunehmend mit blankem Zynismus reagiert. So auch Vorstandsmitglied Sigmar Gabriel, der es vor der Präsidiumssitzung am Montag als »klug« bezeichnete, daß man den Unmut der Basis nach den verlorenen Wahlen eine Woche lang habe »abregnen« lassen, bevor man einmütig die Alternativlosigkeit der »Reformagenda« verkünden werde.
Die Wettermetapher trifft durchaus den Kern der Sache. Der Kanzler, der Parteivorsitzende und die meisten Landesfürsten lassen keinerlei Zweifel daran, daß an dem Projekt Zerschlagung der sozialen Sicherungssysteme festgehalten wird, und zwar unabhängig von der Stimmung an der Basis und in der Wählerschaft.
Als eifrigster Stiefellecker geriert sich dabei erneut DGB-Chef Michael Sommer, der dem Kanzler bereits schriftlich den Verzicht auf jeglichen Widerstand gegen den Sozialkahlschlag angeboten hat, falls die Regierung zu einigen kosmetischen Korrekturen bei der Behandlung von Langzeitarbeitslosen bereit wäre. Nur ein paar Provinzpolitiker im Osten und im Saarland sowie die karriereorientierte Parteijugend, die sich langfristig um ihre Wahlchancen und somit Pfründe geprellt sehen, beklagen – wenn auch halbherzig – »soziale Schieflagen«. Ein bißchen verbale Unterstützung erhalten sie ab und zu von einem bekannten Saarbrücker Bild-Kolumnisten, der aber kaum noch aus seiner Rolle als keynesianisch-sozialdemokratischer Pausenclown herauskommen wird.
Schröders Abrißfirma geht das alles am Allerwertesten vorbei. Man will die historische Mission der Transformation der SPD in ein neoliberales Stoßtruppunternehmen bis zum bitteren Ende Machtverlust führen. Das eigentlich Traurige daran ist aber keineswegs der Niedergang der SPD, sondern das Fehlen einer auch nur einigermaßen konsequenten sozialen und politischen Opposition. Was sich da am »linken Rand« der SPD im Verbund mit diversen versprengten Linken als »Wahlalternative« formieren will, hat bereits zur Genüge klargestellt, daß man nicht gewillt ist, die alles entscheidende Frage der Besitzverhältnisse und somit des herrschenden politischen Systems auch nur zu thematisieren, und bewegt sich somit ungefähr auf dem Level der PDS. Wenn die Millionen bereits sozial Marginalisierter und diejenigen, denen der Abstieg noch bevorsteht, etwas nicht brauchen, dann ist es ein neuer sozialdemokratischer Verein, dessen Protagonisten – einen Wahlerfolg vorausgesetzt – dann im Parlament »Schlimmeres verhüten« wollen.
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von Rainer Balcerowiak aus jungeWelt
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