Drei Dollar Profit sackt die US-Pharmaindustrie für jeden investierten Dollar »Laienwerbung« ein. Grund genug, auch in der EU das direkte Anpreisen verschreibungspflichtiger Medikamente unter Patienten einzuführen
Was spricht gegen Werbung für Medikamente? Warum sollten Patienten nicht besser informiert werden? Schließt das eine wirklich das andere aus? Fragen wie diese ranken sich um das noch bestehende Verbot der Direktwerbung für rezeptpflichtige Medikamente in der EU. Noch darf nur bei Ärzten und anderen Fachleuten geworben werden, nicht direkt bei den potentiellen Patienten. Das hat schwerwiegende Gründe: Die Verschreibungspflicht schützt vor Risiken, die ohne medizinischen Sachverstand nicht einzuschätzen sind. Pharmaindustrie und angeschlossene Verbände klagen schon länger über eine »totale Informationssperre«. Angriffsziel ist das in der EU bestehende Verbot der sogenannten Laienwerbung, das möglicherweise noch dieses Jahr aufgehoben wird. Eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2004 erlaubt europäischen Arzneimittelherstellern derzeit nur, Informationen über frei verkäufliche Produkte öffentlich zu verbreiten. Die Vorlage einer neuen Richtlinie ist für Oktober 2008 geplant – sie könnte dann 2009 in Kraft treten. Aktiv in Brüssel Zur Vorgeschichte: Noch 2003 schmetterte das Europaparlament einen Versuch ab, das Direktwerbeverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel aufzuheben. 2004 wurde dann das Internet zum Vorwand genommen, für die Laienwerbung doch noch eine Perspektive zu schaffen: Mit dem Zusatzartikel Paragraph 88a wurde in der EU-Richtlinie 2004/27/EG zunächst ein »Bericht zu Informationsangeboten für Bürgerinnen und Bürger unter besonderer Berücksichtigung des Internets« in Auftrag gegeben.
2006 nahm dann das industrienahe Pharmazeutische Forum in der EU seine Arbeit auf – unter Mitwirkung des deutschen EU-Komissars Günter Verheugen (SPD). Auf der Tagesordnung dieser Arbeitsgruppe stand unter anderem das Feld der Gesundheitsinformation sowie Probleme der Abgrenzung zwischen Information und Werbung zur Diskussion. Sehr bald wurde unter anderem von der deutschen BUKO-Pharmakampagne die voreilige Abgabe einer noch dazu qualitativ schlechten »Modellinformation« zu Diabetes seitens des Forums moniert.
2007 folgte, so beobachtete die BUKO-Pharmakampagne, eine Flut von Konsultationen in Brüssel. Der letzte Gesetzesvorschlag vom April 2008 zur Patienteninformation fordert bereits die Zulassung der Laienwerbung auch in Fernsehen, Radio und Printmedien. Andererseits ist keine Rede von inhaltlichen Kriterien, von einer Unterscheidung zwischen Information und Werbung. Ebensowenig vorgesehen ist die vergleichende Bewertung von Medizinprodukten, ganz zu schweigen von verständlicher, vergleichender Information seitens unabhängiger Einrichtungen. Schon jetzt bewegen sich die Informationsangebote der Industrie in einer Grauzone zwischen Werbung und Information. Kalkulierte Desinformation Sexualität und Fortpflanzung ist eines der Themenfelder, in denen sich Grenzüberschreitungen bei der Patienteninformation häufen. Entsprechende Medikamente haben den Vorteil, daß sie über lange Lebensperioden eingenommen werden und damit hohe Verkaufszahlen sichern. Relativ häufig sind Internetauftritte wie der von Jenapharm – jenapharm.de/liebe/verhuetung/positive-wirkung-der-pille –, die junge Frauen mit Slogans wie »Schöne Haut durch die Pille« umwerben. Hinter der harmlos anmutenden Webseite belara.de – »Lara Love, die Seite rund um Liebe und Verhütung« – steckt die Grünenthal GmbH aus Aachen, die unter anderem das Kontrazeptivum Belara herstellt (und auch als Hersteller des Schlafmittels Contergan bekannt wurde). Auf dieser Seite – wie auf vielen ähnlichen – fehlt die Nennung unerwünschter Nebenwirkungen oder werden verharmlost. Die Patienteninformationen im Internet zum Thema zeigen Verhütungsmittel inzwischen in der Regel als kosmetisch wirksam, empfehlen bei Hautunreinheiten jungen Frauen als erstes den Gang zur Gynäkologin etc.
Auch Männer stellen spätestens seit der Entdeckung von Viagra eine beliebte Zielgruppe der Pharmawerbung dar. Damit sind nicht nur die Werbemails gemeint, die ungeschützte Postfächer regelmäßig zumüllen. Mit der Kampagne »Helden der Liebe« brachte die Lilly Deutschland GmbH Erektionsstörungen multimedial in die Öffentlichkeit. Im Internet und per Großplakat, mit T-Shirts, TV-Spots und diversen Erwähnungen in der Publikumspresse wird der Weg für steigende Umsätze des Lilly-Medikaments Cialis freigemacht. Der in Indianapolis ansässige Pharmakonzern Eli Lilly & Co, den Lilly Deutschland hierzulande vertritt, konnte im ersten Quartal 2008 seine größte Gewinnsteigerung gerade mit Cialis erreichen. Das Ergebnis je Aktie lag laut einer Meldung von Ende April bei 0,97 US-Dollar nach 0,47 Dollar im Vorjahr. Mit der Potenzpille setzte der Konzern im ersten Quartal 337 Millionen Dollar um, ein Plus von 74 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit hat das Präparat durchaus das Zeug zum Blockbuster. Mit diesem Begriff aus der Militärsprache des Zweiten Weltkrieges bezeichnet die Branche Medikamente, die mindestens eine Milliarde Dollar Umsatz pro Jahr bringen.
Weiterer Anbieter potentiell desorientierender »Patienteninformationen« zum Thema Männergesundheit ist das weltweit tätige Unternehmen Bayer HealthCare mit Seiten wie testosteron.de oder get-back-on-track.com. Hier werden niedrige Testosteronwerte in einen fragwürdigen Zusammenhang mit sexueller Leistungsfähigkeit gebracht, eine typisches Vorgehen in der blühenden Lifestylemedizin.
Versteckte oder irreführende Werbung unterliegt der rechtlichen Aufsicht der Bundesländer, wobei diese oft materiell und personell nicht in der Lage sind, den Klagen nachzugehen und Sanktionen durchzusetzen, wie die BUKO-Pharmakampagne feststellen mußte. Andererseits fehlen die Kläger, wobei Mediziner hier auch die Ärztekammern in der Pflicht sehen.
Aber die Marketingspezialisten der Pharmafirmen können noch mehr. Zu den bewährten Einflußmöglichkeiten gehören die Lancierung von redaktionellen Texten, Patientenzeitschriften und Infomaterialien für den Schulunterricht sowie eine breite Palette von Werbekampagnen. Darin werden nicht nur bestimmte Krankheiten massiv in der öffentlichen Debatte plaziert, sondern auch regelrecht neue Beschwerdebilder erfunden – wie etwa das sogenannte Sissi-Syndrom, eine zweifelhafte Form der Depression. Gerne stilisiert man normale Prozesse oder Alterungserscheinungen des menschlichen Körpers – etwa erektile Dysfunktion oder pubertäre Hautunreinheiten – zu Krankheiten. Die entsprechenden Märkte erfreuen nicht mehr nur die Kosmetik-, sondern zunehmend die Pharmabranche.
Ein beliebter Weg der Einflußnahme ist das Sponsoring von Selbsthilfegruppen und Patientenorganisationen. Deren Glaubwürdigkeit nützt der Durchsetzung von Unternehmenszielen. So finanzierte Roche die vermeintlich gemeinnützige Kampagne »Cancer united«, mit der die Standards der Krebsbehandlungen in Europa angeglichen werden sollten. Der Haken: Vielen Fürsprechern, auch aus der Politik, war nicht klar, daß mit Roche ein Hersteller diverser Krebsmedikamente im Hintergrund die Fäden zog.
Eine Differenzierung unter den Patientenorganisationen ist schwierig, weil nicht alle ihre Industrieabhängigkeit öffentlich zugeben. Ein Beispiel dafür sind die Vorgänge um die europäische Brustkrebsvereinigung »Europa Donna«. Nachdem bekannt wurde, daß 86 Prozent ihrer Finanzen von der Pharmaindustrie kommen, beendete die Arbeitsgruppe des Europaparlaments die Zusammenarbeit. Die Organisation hatte zuvor eine derartige Abhängigkeit stets abgestritten. Ärzte im Visier der Industrie Wichtiges Einfallstor in Richtung der Patienten sind die Ärzte kraft ihrer Verschreibungsmacht. Sollte Laienwerbung in der EU ab 2009 zugelassen werden, hat die Pharmaindustrie mit dem nunmehr »mündigen« Patienten eine weitere Möglichkeit, Mediziner umsatzfördernd zu beeinflussen. Erlaubt ist die Werbung gegenüber Laien zum Beispiel in den USA. Jeder der hier für Direktwerbung ausgegebene Dollar erhöht den Medikamtenumsatz für die Behandlung einer Krankheit um das Dreifache. Auch aus diesem Grund sind die Vereinigten Staaten vermutlich Spitzenreiter bei den Medikamentenausgaben pro Kopf der Bevölkerung: 607 Dollar waren das 2005. Die Bundesrepublik lag mit 286 Dollar auf Platz fünf der Weltrangliste. Aber schon jetzt können sich Ärzte hierzulande kaum den Angeboten entziehen, mit denen die Industrie sie umschmeichelt – oder sie wollen es nicht.
Mit dem ganzen Register von 15000 Pharmavertretern allein in Deutschland, Geschenken, gesponserten Fachzeitschriften und -büchern, Fortbildungen, Symposien und Konferenzen (einschließlich Imbiß, Diner, Luxushotel) sollen die Entscheidungen beim Rezeptausfüllen gelenkt werden. Es ist nicht neu, daß die Branche dafür weder hohe Aufwendungen noch ungewöhnliche Wege scheut.
Pharmaunternehmen unterliegen dem ökonomischen Zwang, nur dort zu investieren, wo sie sich steigender Preise und/oder wachsender Verkaufsvolumen sicher sein können. In den meisten Ländern geben diese Unternehmen große Summen für ihr Produktmarketing aus, in den USA zum Beispiel 2004 insgesamt 57,5 Milliarden Dollar. Abzüglich der Ausgaben für die Direktwerbung bei den Endkonsumenten und das Marketing in Apotheken, blieben damit noch zirka 61000 Dollar pro praktizierenden Arzt. Illusion der Unabhängigkeit Peter Mansfield, Allgemeinmediziner aus Südaustralien und Gründer sowie Direktor der internationalen pharmakritischen Organisation Healthy Skepticism, befaßte sich in den letzten Jahrzehnten ausführlich mit der Materie. Für ihn ist jede Form von Werbung und Marketing für Medikamente eine komplizierte Angelegenheit. »Insiderwissen aus vielen Gebieten ist notwendig, um die Mechanismen zu verstehen.« Er nennt Medizin und Pharmazie, Psychologie, Ökonomie, Soziologie, Politik, Kommunikationswissenschaft, Logik, Rhetorik, Linguistik und andere mehr. Involviert sind nicht nur PR- und Marketingspezialisten, sondern auch Anwälte, Betriebswirtschaftler, Lehrer oder Regulierungsbehörden. Wichtiger als alles Detailwissen erscheinen nach Mansfield aber gut beherrschte psychologische Zusammenhänge: »Das größte Hindernis auf dem Weg zur Wahrheit ist die Überzeugung, sie bereits zu kennen. Viele Ärzte glauben, daß sie schon alles über Medikamentenwerbung wissen, was sie benötigen, und sie sind nicht offen dafür, ihre Ansichten zu überprüfen.« Nach einer US-amerikanischen Studie fühlten sich 61 Prozent der befragten Ärzte nicht, 38 Prozent wenig beeinflußt. Andererseits hielten von eben dieser Gruppe 51 Prozent der Befragten die eigenen Kollegen für stark beeinflußt. Diese Illusion der einzigartigen Nichtanfälligkeit, so der australische Aktivist, mache die Betreffenden aber um so anfälliger.
Mediziner glaubten, daß ihr hoher Bildungsstand ein ausreichender Schutz gegen die Einflüsse der Pharmafirmen sei. Das erinnert Mansfield an eine Studie zum Internetbetrug: »Clevere Leute sind einfacher zu überzeugen. (...) Für den größten Beschiß brauchst du Opfer, die ihren eigenen Fähigkeiten und Erfahrungen vertrauen. In eine bedeutende Anzahl von Fällen mit großen Verlusten waren Spezialisten wie Psychiater, Psychologen und Neurochirurgen verwickelt« (The Times, 17.3.2008).
Mansfield kann in vielen Fällen nachweisen, daß die Umsätze der Pillendreher bald nach den jeweiligen Promotionaktivitäten ansteigen. Eine allgemeine Erfahrung der Werbewirtschaft besagt, daß nur erfolgreiche Kampagnen und Methoden fortgesetzt bzw. weiter angewandt werden. Mit anderen Worten: Wenn Vertreterbesuche und Seminare in gehobenem Ambiente nichts für den Verkauf bringen würden, gäbe es sie nicht mehr.
Dabei sehen durchaus auch Mediziner ihre bisherige Rolle im System selbstkritisch, wie im Mai in Berlin bei einer Fortbildung der Ärztekammer deutlich wurde. Vorgeschlagen wurde, daß Fortbildungen im Beruf, wie von anderen Professionen auch, selbst bezahlt werden sollten. Einen Teil der Kosten könnte – neutralisiert über einen allgemeinen Topf – durchaus die Pharmaindustrie aufbringen. Zudem wurde den Ärzten ein Blick in die eigene Berufsordnung nahegelegt, wonach sie Geschenke nur bis 25 Euro annehmen dürfen. Erneut vorstellen konnte sich die noch junge »Initiative unbestechlicher Ärztinnen und Ärzte«, die den Berliner Veranstaltungsteilnehmern noch kaum bekannt war. Unter dem Motto »Mein Essen zahl ich selbst« (MEZIS) wollen sie sich den Umarmungsversuchen der Pharmafirmen widersetzen. »Der Schutz vor Industrieeinflüssen ist nötig im Interesse der klinischen Forschung und der Patienten«, erklärte Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft und bezeichnete die »gefühlte Unabhängigkeit« als einen Systemfehler des Gesundheitswesens. Kritik und Alternativen Healthy Skepticism schlägt vor, zunächst drei Komponenten des Systems zu reformieren: Als erstes müßte die Regulierung der Pharmavermarktung verbessert werden. Das hieße im Idealfall, alle Maßnahmen der Verkaufsförderung für Medikamente zu verbieten. Auch dann noch, so die Organisation, wäre politische Regulierung notwendig. Ein abgestuftes Sanktionsregime könnte bis zur Auflösung von Unternehmen führen. Empfohlen wird auch die Mitarbeit von Nichtregierungs- und Nonprofitorganisationen an der Pharmaregulierung.
Weiterhin zu verbessern ist die Entscheidungsfindung im Gesundheitswesen, unter anderem durch entsprechende Ausbildung. Dabei sollte nicht die Illusion erweckt werden, mit Wissen und Fähigkeiten allein wäre irreführender Werbung zu begegnen. Der Schlüssel zu wachsendem Widerstand dagegen sei die Einsicht, daß jeder einzelne persönlich anfällig ist.
Drittens ist das System der Anreize für alle diejenigen neu zu organisieren, die mit Medikamenten zu tun haben. Für Professionelle im Gesundheitswesen sollten alle Zuwendungen, die ihre Entscheidungsfindung beeinflussen, untersagt werden. Patientengruppen sollten Sponsoring von Körperschaften ablehnen, deren Interessen dem eigenen Anliegen widersprechen. Diesen Gruppen ist der Zugang zu Ressourcen ohne inakzeptable Bedingungen zu ermöglichen.
Pharmaunternehmen befassen sich gegenwärtig mit Herstellung von Arzneimitteln, mit Forschung, Verkauf und Fortbildung. Anreizsysteme verzerren diese Prozesse, die ausschließlich auf wachsende Umsätze immer teurerer Medikamente gerichtet sind. Healthy Skepticism empfiehlt, Aufgaben für alle vier Bereiche durch staatliche Subventionen per Ausschreibung zu finanzieren. So könnten die Abteilungen der Pharmafirmen mit Universitäten und Nichtregierungsorganistionen in den Wettbewerb treten.
Nun ist es nicht so, daß es gegen die Aufhebung des Laienwerbungsverbotes in der EU keinen Widerspruch gäbe. Unter anderem das Deutsche Netzwerk Evidenzbasierte Medizin (DNEbM) spricht der Pharmaindustrie die Fähigkeit ab, Patienten objektiv und ergebnisoffen zu informieren. Dabei beruft sich die Organisation auf eine WHO-Studie (die übrigens von der Europäischen Kommission mitfinanziert wurde), wonach die Industrie als Quelle unabhängiger, objektiver und unverzerrter Patienteninformation ungeeignet sei, da sie sich in diesem Bereich in einem unauflösbaren Interessenskonflikt befinde. Wann ist eine Information nützlich? Wie sollen nun nützliche Gesundheitsinformationen aussehen? Patienten sollten so gut informiert sein, daß sie eine Krankheit und ihre Symptome verstehen, den Nutzen oder Schaden einer Behandlung abwägen sowie für sich selbst die beste Behandlung und die geeignetsten Professionellen finden können. Sicherlich sind das sehr hohe Anforderungen, die langfristige Bildungsanstrengungen nicht nur zu medizinischen Fragen, sondern auch über Zusammenhänge in der Gesundheitsbranche nötig machen.
Für eine industrieunabhängige Patienteninformation machen sich neben der BUKO-Pharmakampagne noch eine Reihe weiterer Organisationen wie die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft, die Vereinigung Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) oder der Verein Demokratischer Ärztinnen und Ärzte stark. Kriterien aus ihrer Sicht sind Zuverlässigkeit, basierend auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen bei transparenter Quellenlage, Unabhängigkeit durch Nachweis von Verfassern und Finanzierung, Vergleichbarkeit sowie Verständlichkeit und leichter Zugang.
Der Wunsch nach mehr Transparenz seitens der Industrie wird sich allein durch Selbstverpflichtungen kaum erfüllen lassen. Die politische Forderung, alle – und nicht nur positive – Studien zu ihren Medikamenten öffentlich zu machen, ist eine der wichtigsten Forderungen, die auch von vielen Ärzten unterstützt wird. In dem Vorschlag der EU-Kommission für die neue Richtlinie wird die Informationspflicht der Pharmaindustrie zur Registrierung aller Studien und für die lückenlose Veröffentlichung auch von Studien mit negativen Ergebnissen nicht erwähnt. Denkbar wären hier nach der Vorstellung der Kritiker ein öffentliches obligatorisches Studienregister sowie eine öffentliche Datenbank für unerwünschte Arzneimittelwirkungen. Aktuelle Rechtslage Auszüge aus der Richtlinie 2001/83/EG, zuletzt geändert durch 2004/27/EG
Artikel 86: »Informationen über die Gesundheit oder Krankheiten des Menschen sind [Herstellern] nur erlaubt, sofern darin nicht, auch nicht in indirekter Weise, auf ein Arzneimittel Bezug genommen wird.«
Artikel 87 (3): »Die Arzneimittelwerbung muß einen zweckmäßigen Einsatz des Arzneimittels fördern, indem sie seine Eigenschaften objektiv und ohne Übertreibung darstellt; darf nicht irreführend sein.«
Artikel 88: »Die Mitgliedstaaten verbieten die Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel, die (...) nur auf ärztliche Verschreibung abgegeben werden dürfen.« Deutsches Heilmittelwerbegesetz Paragraph 10: »(1) Für verschreibungspflichtige Arzneimittel darf nur bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, Apothekern und Personen, die mit diesen Arzneimitteln erlaubterweise Handel treiben, geworben werden.« Weitere Informationen – Deutsches Netzwerk für evidenzbasierte Medizin, Fachbereich Patienteninformation und -beteiligung: ebm-netzwerk.de/fachbereiche/fb_patienteninformation.html
– Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin: patienten-information.de
– Bundesverband der Verbraucherzentralen: vzbv.de
– Unabhängige Patientenberatung UPD: unabhaengige-patientenberatung.de
– Gute Pillen – Schlechte Pillen, eine von vier deutschen Mitgliederzeitschriften der International Society of Drugs Bulletins gegründete Patientenzeitschrift: gutepillen-schlechtepillen.de
– BUKO-Pharmakampagne, vertritt Patienten im Unterausschuß Arzneimittel des Gemeinsamen Bundesausschusses G-BA, der über Leistungen der Krankenkassen entscheidet: bukopharma.de
Ulrike Henning ist freie Journalistin und lebt in Berlin
– Initiative unbestechlicher Ärztinnen und Ärzte »Mein Essen zahl ich selbst«: mezis.de
– Healthy Skepticism, eine internationale Non-Profit-Organisation zur Verbesserung des Gesundheitswesens: healthyskepticism.org
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