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Die Rückkehr der Militärdiktatur in Riacho Grande, Bahia, Brasilien
11.03.2008 | 21:20 Uhr

Aufgrund des großen Interesses von Investoren an Nutzungsflächen für
Ethanol- und Biodieselproduktion nehmen die gewaltsamen Landkonflikte in
Bahia zu. Dabei verliert hauptsächlich die traditionelle, kleinbäuerliche
Bevölkerung, die von ihrem Land vertrieben wird. Ein typisches Beispiel
dafür, ereignete sich letzte Woche im Dorf Riacho Grande, Region Juazeiro,
Nord-Bahia, Brasilien.

Ein Aufruf der CPT Bahia:
*Die Rückkehr der Militärdiktatur in Riacho Grande, Bahia*

Seit einiger Zeit häufen sich in der Region des Rio São Francisco Ereignisse, die an die Zeit der Militärdiktatur erinnern, dies nicht nur wegen der Großprojekte (wie z.B. Ableitung des Flusses und Staudämme, etc.), sondern aufgrund der repressiven Methoden die angewendet werden.

Am 6.3.2008 zerstörten eine Gruppe von ca. 100 Polizeibeamten der Militärpolizei, Zivilpolizei, Bundespolizei und einer Spezialeinheit der Polizei, die ausgebildet ist für die Zerstörung der Canabis-Plantagen in der Caatinga, im Dorf Riacho Grande in der Gemeinde Casa Nova (Bahia), die Häuser der kleinbäuerlichen Familien, die Stallungen der Kleintiere und deren Zäune.
Auf dieser Landfläche (annähernd 40.000 ha) war in den 80er Jahren ein
sehr großes Projekt des Unternehmens Camaragibe geplant, bei dem Maniok
zur Ethanolherstellung produziert werden sollte. Das Projekt scheiterte damals aufgrund des Widerstands der Landgemeinde. Die finanzierende Bank (Banco do Brasil) scheint die Hypothek dieser Fläche an Dritte weitergegeben zu haben. Dabei wurde nicht berücksichtigt, dass seit über 20 Jahren vor allem junge kleinbäuerliche Familien auf dieser Fläche leben und ihre Lebensgrundlage aus den Gemeinschaftsweidefläche beziehen. Diese Familien halten auf den Flächen ca. 15.000 Tiere und 3.000 Bienenvölker, wobei sie Bankkredite (Banco do Brasil) von ca. 72 000 Reais aufgenommen hatten.

Die Polizeibeamten kamen um 5:00 Uhr morgens und nahmen den kleinbäuerlichen Familien alle Ausweispapiere und die Schlüssel von allen Fahrzeugen ab, sie nahmen den Kleinbauer Herrn Raimundo Campos Braga fest und zerstörten alle Zäune, Häuser und die landwirtschaftliche Prokuktion!
Allen Leuten die sich solidarisch zeigten und am Ort erschienen, wurde der Zugang verwehrt. Erst nach langen Verhandlungen mit einem Rechtsanwalt wurde es um 11:00 Uhr morgens einer kleiner Gruppe (Vertreter der Kirche, CPT und Landarbeitergewerkschaft) erlaubt, die Fläche zu betreten, um sich um die kleinbäuerlichen Familien zu kümmern, die zusehen mussten, wie ihre Existenzgrundlage zerstört wurde.

Die Polizei konnte keinen offiziellen Räumungsbefehl vorweisen, der auf bestehenden Besitztiteln beruht. Sie verfügten lediglich über einen richterlichen Bescheid, der bestätigt, dass ein Verfahren der Übergabe der Landrechte von der Bank an neue Besitzer eingeleitet ist. Selbst wenn dieses Übergabeverfahren rechtmäßig verlaufen ist, haben sie keine rechtliche Basis für die Vertreibung der Kleinbauern. Denn nach brasilianischen Landrecht haben die Familien, die dort seit über 20 Jahren leben und wirtschaften, mittlerweile durch Gewohnheitsrecht rechtlichen Anspruch auf diese Landfläche.

Die brutale Gewalt der Polizei, die in diesen Tagen in allen Regionen Brasiliens gegen kleinbäuerliche Familien angewendet wird, zeigt die Rückschritte Brasiliens im Umgang mit der traditionellen Bevölkerung. Es zeigt sich einmal mehr, dass die Justiz auf der Seite des grossen Kapitals steht und sich klar gegen die arme Bevölkerung stellt.

Die Gruppen, die diesen Aufruf unterzeichnen, protestieren gegen die Aktion der Polizeibeamten und rufen zur Solidarität auf. Wir fordern auf zum gemeinsamen Kampf, damit die kleinbäuerlichen Familien auf den Flächen weiterhin leben und ihren Lebensunterhalt mit ihrer Bienenzucht und Tierhaltung gewährleisten können und in Frieden leben können. Der Kampf der letzten 30 Jahre darf nicht aufhören.

Casa Nova, 07.03.2008

União das Associações de Casa Nova
Comissão Pastoral da Terra -- CPT
Instituto Regional da Pequena Agropecuária Apropriada (IRPAA)
APLB (Sindicato dos Professores/as de Casa Nova)
Paróquia de Casa Nova
Paróquia de Sobradinh
Sintagro
ASA Regional
Vereador Pedro Costa
PT de Casa Nova
Articulação Sindical
Paróquia de Remanso
Sindicato dos Servidores Públicos Municipais
Sindicato dos Mototaxistas de Casa Nova
Movimento dos Trabalhadores Sem Terra -- MST
Colônia de Pescadores de Casa Nova
*Anmerkung:*
Es gibt Hinweise dafür dass die beiden Käufer der Flächen, Alberto Martins
Matos und Carlos Nizam Lima Silva als Zwischenkäufer stehen. Es scheint,
dass auf diesen Flächen Zuckerrohr und Pinhao Roxo (Jatropha
gossypiifolia) zur Alkoholherstellung angebaut werden sollen. Bei der
Polizeiaktion war der Zwischenhändler Herr Gileno anwesend. Dieser Mann ist
bekannt, dass er normalerweise alle Landflächen für die Agrovale (große
Zuckerrohrplantage der Region) verhandelt.
Ausserdem erschien an dem Tag der Polzeiaktion Herr Alberto Martins
Matos, Direktor der SAAE in Juazeiro mit dem Dienstwagen des SAAE
(munizipales Unternehmen für Wasser und Kanalsystem in Juazeiro zuständig).




 
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