Auf Initiative des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) und der Kampagne für Saubere Kleidung (CCC) hat die Verbraucherzentrale Hamburg am 6. April 2010 eine Klage vor dem Landgericht Heilbronn gegen den deutschen Discounter Lidl wegen unlauteren Wettbewerbs eingereicht. Sie verlangen in dieser Klage, dass Lidl nicht länger ihre Kunden über die Arbeitsbedingungen in seinen Zulieferbetrieben für Textilien in Bangladesch täuscht.
Lidl ist Mitglied in der Business Social Compliance Initiative (BSCI), einer internationalen Initiative des Einzelhandels, deren Ziel die Verbesserung der Arbeitsbedingungen entlang der Lieferketten ist. Der BSCI-Verhaltenskodex enthält unter anderem Regelungen zur maximalen Arbeitszeit, zu Löhnen, zur Diskriminierung und zur Gewerkschaftsfreiheit. Diese sind an die Arbeitsrechtskonventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) angelehnt. Gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchern verweist Lidl auf die Mitgliedschaft in der BSCI und erweckt den Eindruck, dass sich das Unternehmen nicht nur im Rahmen der BSCI um eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Zulieferbetrieben bemüht, sondern dass Verbraucherinnen und Verbraucher bereits jetzt nur Waren, die unter angemessenen Arbeitsbedingungen produziert wurden, erwerben können. Diese Suggestion kann für sozial bewusste Verbraucher kaufentscheidend sein.
Tatsächlich hat eine vom ECCHR und der CCC in Auftrag gegebene Studie jedoch ergeben, dass Arbeitsrechte in Zulieferbetrieben von Lidl, deren Managements bereits verschiedene Sozialtrainings absolviert haben, in erheblichem Maße missachtet werden: überlange Arbeitszeiten, Lohnabzüge als Strafmaßnahmen, Verhinderung von Gewerkschaftsarbeit und Diskriminierung von Frauen sind an der Tagesordnung. Dies sind Verstöße gegen die ILO-Konventionen, die Standards des BSCI-Verhaltenskodex und gegen die Selbstverpflichtung Lidls.
Die Außendarstellung Lidls hinsichtlich der Gewährleistung von Arbeits- und Sozialstandards in Zulieferbetrieben stimmt offensichtlich nicht mit der Realität überein. Jedoch ist diese Darstellung Lidls geeignet, sozial bewusste Verbraucher, in der Annahme sozial verträgliche Waren zu erwerben, zum Kauf zu bewegen. Hierin sieht die Verbraucherzentrale Hamburg eine unzulässige, da zur Täuschung geeignete, geschäftliche Handlung im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. Das ECCHR unterstützt diese Position. Die erhobene Klage macht den Verstoß Lidls gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb geltend.
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