Wir «Normalos» müssen jedes Fränkli versteuern. Ein Superreicher wie Novartis-Chef Daniel Vasella nicht. SGB-Chefökonom Daniel Lampart beschreibt exklusiv für work, wie Vasellas Sonderbehandlung aussieht. Von Daniel Lampart
Das oberste Management in der Schweiz ist ausser Kontrolle geraten: In den letzten fünf Jahren haben sich die Gehälter von Vasella, Ospel & Co. nahezu verdoppelt. Die Einkommen der «Normalos» dagegen stiegen kaum. Die Schweizer Topmanager erweisen sich im europäischen Vergleich auch noch als speziell gierig. Mit Novartis-Chef Daniel Vasella (Einkommen: 35 Millionen Franken), Oswald Grübel von der Credit Suisse (30 Millionen) und UBS-Chef Marcel Ospel (26,6 Millionen) kamen 2006 gleich drei der fünf Grösstverdiener in Europa aus der Schweiz.
STEUERPOLITIK FÜR ABZOCKER Mit einer gerechten Steuerpolitik könnte man diesen Abzockern einen Strich durch die Rechnung machen. Hätten wir eine scharf zubeissende Steuerprogression bei Bund und Kantonen, würden die Monstergehälter schrumpfen. Die Kassen von Bund, Kantonen und Gemeinden würden klingeln. Mit den Einnahmen könnten beispielsweise Krippen ausgebaut oder die AHV-Renten erhöht werden. Doch die Steuerpolitik macht gerade das Gegenteil: Die bürgerliche Mehrheit im Bundeshaus hat das Schweizer Steuergesetz so konstruiert, dass Topverdiener wie CEO Vasella nur auf einem Teil ihres Lohnes Steuern und AHV bezahlen müssen. Dies, während die «Normalo»-Verdienenden jeden Franken versteuern müssen. Konkret: Millionär Vasella erhält über 2 Millionen Franken Steuern und 1,4 Millionen AHV- und IV-Beiträge geschenkt. Das ergeben neue Berechnungen.* Wie das geht?
STEUERGESCHENK 1 Vasella garnierte 2006 rund 35 Millionen Franken. Neben 3 Millionen in bar erhielt er zusätzlich rund 450000 Novartis-Aktien im Wert von über 32 Millionen Franken. Diese Aktien sind für zehn Jahre gesperrt. Vasella kann sie in dieser Zeit also nicht verkaufen. Er erhält aber trotzdem jährlich seine Dividenden. Die Bürgerlichen haben beschlossen, dass Personen, die gesperrte Aktien als Lohn erhalten, eine Sonderbehandlung geniessen. Im Gegensatz zu Bargeld müssen gesperrte Aktien nicht voll versteuert werden: Für jedes gesperrte Jahr gibt es einen Rabatt von 6 Prozent, obwohl die Aktien später mit grosser Wahrscheinlichkeit mindestens gleich viel oder sogar mehr wert sein werden als heute. Sind die Aktien wie im Falle von Vasella zehn Jahre gesperrt, ergibt dies einen Rabatt von 44 Prozent. Millionär Vasella muss seine Novartis-Aktien also nicht zum vollen heutigen Wert von 32 Millionen Franken versteuern, sondern er bezahlt nur auf 56 Prozent davon Steuern: nämlich auf knapp 18 Millionen Franken. Die übrigen 14 Millionen sind steuerfrei. Auf diesen 14 Millionen müsste er ohne Sonderbehandlung mindestens 2 Millionen Franken Einkommensteuern bezahlen. Happiges Steuergeschenk 1: mehr als 2 Millionen Franken.
STEUERGESCHENK 2 Doch damit nicht genug: Denselben Rabatt geniesst der Pharmamillionär auch bei AHV und IV. Auf 14 Millionen Franken seines Einkommens muss Vasella keine AHV und IV bezahlen. Wert dieses Steuergeschenks 2: rund 1,4 Millionen Franken. Steuergeschenk 1 plus Steuergeschenk 2 ergeben für Vasella ein stolzes Geschenketotal von deutlich mehr als 3 Millionen Franken.
* Schätzung aufgrund der Steuerbelastungsstatistik für den Kanton Zug von der Eidg. Steuerverwaltung.
work, 23.08.2007
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