Artikel zur Wirtschaftskrise aus der BaSo-Bayer-Schering-Zeitung in Wuppertal, Ausgabe Juli 2010.
Weitere Themen der Zeitung: - Betriebsratsarbeit - Tarifrunden 2010 - Betriebliches - Konzert am 9.7. gegen Rechts - WICHTIG: das Konzert wurde am Donnerstag auf den September verschoben - die Zeitungsankündigung ist somit überholt!! - Filmankündigung 24.7. "Coca Cola Case" - Arbeitslosigkeit - Emmely hat gewonnen
Wer soll für die Krise zahlen? Diese Frage stellen sich zurzeit Viele. Sie wird auf G8 und G20-Treffen von den Mächtigen debattiert und auf den Straßen von Athen, Berlin, Madrid, Rom und Paris von Teilen der Bevölkerung mit „Die Reichen sollen die Krise zahlen“ beantwortet. Die derzeitige Krise ist ein komplexes Geschehen und kann natürlich nicht auf einer Seite tief schürfend behandelt werden. Dennoch wollen wir ein paar Gedanken zur Diskussion beisteuern. Die Krise ist deswegen so tief und bedrohlich, weil sie ein Konglomerat aus verschiedenen Krisen ist, ans Eingemachte geht und uns weltweit trifft. Die sieben Plagen Da haben wir die Überproduktionskrise. Durch die steigende Produktivität werden von immer weniger Arbeitenden immer mehr Waren produziert. Die meisten Menschen können sich aber nicht immer mehr kaufen, auch deshalb, weil ihre Löhne stagnieren oder sogar sinken. Im Wettrennen der Konkurrenz versucht z.B. jede Autofirma einen größeren Marktanteil für ihre Produkte zu erzielen uznd produziern im Überschuss. Das führt zur Überproduktion. Finanz- und Immobilienkrise Während die Löhne für die Beschäftigten und die Steuern für die Reichen sinken, wuchsen auf der anderen Seite folgerichtig die Kapitalerträge ins Unermessliche. Das führte dazu, dass unglaubliche Geldmengen auf der Suche nach attraktiven Anlagen über den Globus verschoben wurden. Die Gesetze, die die Finanzströme kontrolliert hatten, waren im Rahmen der Globalisierung abgeschafft worden. Die Politiker vertrauten auf die Märkte und die Eigenverantwortung der Banker. Aber Geld kann man nicht klonen. So wurden undurchsichtige Finanzprodukte geschaffen, deren Renditeerwartungen auf Spekulation basierten. Diese Blase musste irgendwann platzen. Banken und Pensionskassen, u.a. auch mit den Einlagen von Arbeitnehmern, die für ihre Rente sparten, gingen baden. Familien, die mit weniger Lohn und Rücklagen ihre Häuser nicht mehr abbezahlen konnten, brachten die Immobilienblase zum Platzen. Stichwort Deregulierung Nun riefen aber die gleichen Banken und Unternehmen, die sich zuvor vehement gegen staatliche Regulierung gewehrt haben, da ja nur sie selbst und die Märkte alles im Griff hätten, nach staatlicher Unterstützung. D.h. das Recht, Gewinne zu machen, soll uneingeschränkt bleiben, während das Risiko, dabei Baden zu gehen, auf Alle verteilt wird. Die Regierungen, die durch die Steuerentlastungen für die Unternehmen und Reichen, und die Deregulierung des Arbeitsmarktes mit weniger Einkommen und damit weniger Abgaben, den Staat selbst verarmt hatten, beschlossen dennoch ihr schmaleres Portemonnaie für die Banken und Unternehmen zu öffnen. Die Beglückten kamen wieder auf die Beine, der Staat blieb auf einem zunehmenden Defizit sitzen. Das fehlende Geld soll nun bei der breiten Bevölkerung eingetrieben werden. Die Liste der Maßnahmen ist lang und wird noch länger werden. Und die staatlichen Defizite sind zu einer Bedrohung für den Euro und, durch die ungehemmte Spekulation für ganze Volkswirtschaften geworden. Kanzlerin Merkel verfolgt die Politik, entsprechend der EU-Kriterien der Senkung des Defizits Vorrang zu geben, was hier und heute die Senkung des Sozialhaushalts bedeutet. Das wird dazu führen, dass die weiter verarmenden Schichten, noch weniger kaufen, und somit nicht für einen Aufschwung sorgen können. Die Knebelung der Staaten mit noch höherem Defizit wie Griechenland, Spanien, Italien und Portugal bedeutet, dass diese weniger beim Exportweltmeister Deutschland einkaufen und hier weniger für den Aufschwung sorgen können. Lässt man das Defizit wachsen, verschuldet sich der Staat weiter bei den Banken, die wie eine Made im Speck mit wenig Risiko gute Zinsen kassieren. Es gibt also keinen leichten Ausweg aus der Krise Repariert man an der einen Seite, reißt man auf der anderen Seite etwas ein. Diese Art zu Wirtschaften enthält ein bedrohliches selbst zerstörerisches Potential. Dies hat auch zur politischen Krise geführt. Die Politiker erscheinen als ratloser Hühnerhaufen. Es geht also nicht nur darum, die Reichen an den Kosten für die Krise zu beteiligen. Das versteht sich eigentlich von selbst. Wir glauben, es geht um mehr. Wollen wir uns weiter vom Zwang zu immer höheren Profiten in einem weltweiten Konkurrenzkrieg und der Illusion von ewigem Wachstum auf Dauer erpressen lassen? Oder ist vielleicht die Zeit gekommen, die Spielregeln zu ändern? Bis dahin gilt es vor allem, unsere Interessen zu wahren. An dieser Stelle müssten auch die Rohstoff- und Umweltkrise als weitere Faktoren betrachtet werden. Aber dafür ist kein Platz mehr und deshalb ist jetzt Schluss.
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