Dezember 2008 Liebe Kolumbien-Freundinnen und -Freunde!
Weihnachten steht vor der Tür und damit ein paar Tage der Besinnlichkeit und Ruhe, an denen wir auf das ausgehende Jahr zurück blicken können.
„Brot für die Welt“ feierte Ende November den 50. Geburtstag und hatte 50 besondere Gäste eingeladen – Partner aus aller Welt und Menschen, die sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten für „Brot für die Welt“ engagiert haben. Auch der renommierte Anwalt Alirio Uribe Muñoz vom Anwaltskollektiv José Alvear Restrepo aus Bogotá zählte dazu.
Zum Geburtstag von „Brot für die Welt“ erklärte Alirio Uribe: „Von ‚Brot für die Welt’ haben wir nicht nur finanzielle sondern auch politische Unterstützung für unsere Arbeit erhalten, die zum Schutz der Menschenrechte und der bedrohten Gemeinschaften in Kolumbien beiträgt! Mit ‚Brot für die Welt’ teilen wir die Vision einer besseren und gerechteren Welt.“
Für die Mehrzahl der Menschen in Kolumbien war 2008 ein weiteres schweres Jahr, trotz einiger Lichtblicke und freudiger Ereignisse wie der Befreiung von Ingrid Betancourt. So hat die Zahl der Menschenrechtsverletzungen in einigen Bereichen wieder dramatisch zugenommen. Dafür musste sich die kolumbianische Regierung am vor dem UN-Menschenrechtsrat verantworten (s.u.).
In diesem Jahr waren mehrmals Partner von „Brot für die Welt“ aus Kolumbien bei uns zu Besuch. Die Anwältin Liliana Uribe von der „Corporación Juridica Libertad“ hat bei der Rundreise im Frühjahr über die vielen außergerichtlichen Hinrichtungen durch das Militär berichtet. Im Herbst machten Vertreter der Bauern- und Indigenen-Organisationen aus dem Catatumbo und eine Vertreterin des Rechtsanwalts-Kollektivs „Luis Carlos Perez“ auf die Bedrohung durch Kohle- und Erdöl-Projekte aufmerksam.
Auch Sie haben durch ihren Einsatz zum Schutz von Menschen in Kolumbien beigetragen, indem Sie sich an den Eilbriefaktionen für bedrohte Menschenrechtler beteiligt haben. Wir danken Ihnen daher herzlich für Ihr Engagement und Interesse und wünschen Ihnen ein frohes Weihnachtsfest, ein paar geruhsame Tage und einen guten Rutsch ins Neue Jahr!
Mit freundlichen Grüßen
Jochen Schüller Karen Neumeyer Thomas Sandner Beauftragter für Öffentlich- Regionalverantwortliche
Traurige Bilanz vor der UNO
Just zum 60. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte musste sich die kolumbianische Regierung am 10.12. vor den Vereinten Nationen in Genf für die Menschenrechtssituation in Kolumbien verantworten. Der „Universal Periodic Review“ (UPR) – eine Art regelmäßige Berichterstattung – vor dem UN-Menschenrechtsrat dauerte drei Stunden. An der Debatte beteiligten sich Vertreter aus 43 Ländern. Kolumbianische und internationale Menschenrechtsorganisationen hatten ihre kritischen Eingaben schon im Vorfeld abgegeben.
Neben Alexandra Huck von Kolko e.V. war auch Alirio Uribe Muñoz nach Genf angereist. Die Erwartungen an die UN-Veranstaltung waren verhalten. Die Ergebnisse des UPR beurteilt das Anwaltskollektiv José Alvear Restrepo jedoch positiv: „Manche Regierungen haben die Bedrohungen und Morde an Menschenrechtsverteidigern, Gewerkschaftern und Journalisten sehr scharf kritisiert und sie haben die Regierung aufgefordert, die Unabhängigkeit der Justiz zu respektieren und die Sicherheit der Justizangehörigen zu garantieren.“
Viele Länder kritisierten auch den Anstieg der Zahl der gewaltsam Vertriebenen, die mangelnde staatliche Fürsorge für diese Menschen und fehlende Rückkehr-Programme bzw. finanzielle Entschädigung. Mittlerweile rund vier Millionen Kolumbianer sind zu Flüchtlingen im eigenen Land geworden. Bis zu sieben Millionen Hektar Land wurden so gewaltsam enteignet.
In der insgesamt sehr moderaten und diplomatischen Atmosphäre der Sitzung seien doch viele klare Worte gefallen, so das Anwaltskollektiv. Auch wenn von manchen Ländern eine Reduzierung der allgemeinen Gewaltrate positiv hervorgehoben wurde, so wurden gleichzeitig die vielen staatlichen Morde in Form von extralegalen Hinrichtungen, die hohe Zahl der „Verschwundenen“ und die Folter in Kolumbien angeprangert. Auch die weiterhin existierenden und agierenden paramilitärischen Gruppen sowie deren Verstrickungen mit staatlichen Institutionen wurden kritisiert.
Bei allen Menschenrechtsverletzungen besteht weiterhin ein extrem hohes Maß an Straflosigkeit. Diese müsse beseitigt werden und es dürfe keine Amnestie für Verbrechen gegen die Menschlichkeit geben, forderten Vertreter mehrerer Länder.
Alexandra Huck von „Kolko – Menschenrechte für Kolumbien“ sieht keine Fortschritte bei der Menschenrechtssituation in Kolumbien. "Wir und andere NGOs sind nicht der Meinung, dass die Uribe-Administration ihren politischen Willen unter Beweis gestellt hat, die Menschenrechtsituation in Kolumbien zu verbessern. Bisher hat sich der Staat eher darauf beschränkt, Komitees und Arbeitsgruppen einzurichten, wirkliche Veränderungen sind ausgeblieben."
Quellen: CAJAR, Kolko, OIDHACO, Coordinación Colombia Europa Estados Unidos
Weitere Informationen auf Spanisch: http://www.colectivodeabogados.org/ Außerdem empfehlen wir den kurzen Vortrag von Volkmar Deile: „60 Jahre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte - Erwartungen an die Zivilgesellschaft“ http://www.kolko.de/artikel.php?art_id=1798
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