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Aluwerke in Hamburg und Stade schließen
14.07.2005 | 10:36 Uhr

An die 2000 Beschäftigte verlieren bis Ende 2006 ihre Arbeit in Aluminiumproduktion und bei Zulieferern. Außerdem Stellen in weiterverarbeitender Industrie gefährdet

Die Aluminiumwerke in Hamburg und Stade werden schließen. Seit Dienstag abend gibt es Gewißheit: Im Hamburger Aluminiumwerk (HAW) werden zum Ende des Jahres 450 Mitarbeiter entlassen, 420 trifft es Ende 2006 im Elbe-Werk Stade. 1 000 weitere Arbeitsplätze sind direkt bei Zulieferern betroffen. Wie viele tausend Arbeitsplätze in der weiterverarbeitenden Industrie auf dem Spiel stehen, ist kaum abzuschätzen. Im Hamburger Werk werden die Schmelzhütte und der Anodenbetrieb schließen. Ob später die Gießerei (130 Mitarbeiter) noch folgt, ist unklar. Dann wären auch 500 Beschäftigte des benachbarten Walzwerks dran. Bedroht sind auch die Standorte in Essen (Triment), Voerde (Corus) und Neuss (Hydro). Dabei gab es kein Werk in der Aluminiumproduktion, das so modern und leistungsfähig war wie das Hamburger. Doch am Ende zählten nur Profitinteressen.

Für Hydro, den Hauptgesellschafter des HAW, geht es um die Zentralisierung der Produktion, bei Ausnutzung möglichst geringer Energiekosten. Die Energiekosten machen 38 bis 48 Prozent der Produktionskosten von Primäraluminium aus. 630 000 Tonnen mißt die Jahresproduktion in Deutschland. 1,3 Millionen Tonnen würden benötigt. Doch schon 2004 hatte der norwegische Konzern Norsk Hydro einen Vertrag mit dem Emirat in Katar geschlossen, wie jW berichtete. 570 000 Tonnen sollen allein dort produziert werden. Die Regierung Katars läßt eigens dazu ein Kraftwerk bauen. Billigen Strom gibt es auch in Südafrika und anderen Ländern des Trikont. Welche Schäden das für die Umwelt dort anrichtet, ist egal. Kostengünstiger als in Deutschland und Norwegen, wo ebenfalls zwei Aluhütten von Hydro vor dem Aus stehen, ist die Produktion dort allemal .

Hamburgs Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) konnte nicht helfen. Von den Hamburgischen Elektrizitätswerken (HEW) verlangte er, was ein Privatunternehmen nicht freiwillig tun kann: den Verzicht auf Profit. Die HEW ist längst privatisiert. Der Hauptgesellschafter Vattenfall denkt gar nicht daran, die oligopolen Machtstrukturen der Energiewirtschaft nicht auszunutzen. Bei 40 Euro pro Megawattstunde liegt der Preis an der Strombörse in Leipzig. Warum sollen die HEW weniger verlangen? An den Konzernstrategien der Aluminiumgiganten konnte Uldall schon gar nichts machen. Konzerne lassen sich nicht von kommunalen Interessen leiten, es sei denn, man stellt ihnen ein Kraftwerk.

Hilflos waren auch die Versuche des HAW-Betriebsratsvorsitzenden KarlHeinz Dieck, der sagte, daß die Belegschaft in Hamburg eine Milliarde Euro in den dreißig Jahren der Produktion an Gewinn für die Eigner erwirtschaftet habe. Dieck forderte die Aufschiebung der Stillegungspläne. Warum sollten die Eigner bei Hydro und ihre Partner im US-Konzern Alcoa oder bei der österreichischen Amag das aber machen?

In den Vermittlungsgesprächen zwischen den Aluminium- und den Elektrizitätswerken wollte UIdall zumindest erreichen, daß die Frist für vertraglich vereinbarten günstigen Strom für die Aluwerke um ein halbes Jahr bis Mitte 2006 verlängert wird. Die HEW griffen das auf – aber nicht ohne die Aluwerker verpflichten zu wollen, die gleiche Menge Strom in einer dreifach so langen Zeit zum Normaltarif abzukaufen. Das hätte 50 Prozent Gewinn versprochen. Die Aluminium-Gesellschafter beharrten jedoch auf einem mehrjährigen Stromliefervertrag mit Preisen von unter 30 Euro pro Megawattstunde. Man wußte, daß sich die HEW darauf nicht einlassen würde. Andere Abnehmer hätten ähnliche Konditionen gefordert.

Am Dienstag abend mußte Uldall endgültig einräumen, daß die Verhandlungen gescheitert sind. Bereits zuvor hatte Betriebsratschef Karl-Heinz Dieck mitgeteilt, daß 300 Entlassungen schon ausgesprochen wären.


Andreas Grünwald aus jW vom 14.7.05



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