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Betriebsratarbeit und Betriebsratswahl bei Infraserv in Frankfurt
09.03.2006 | 08:36 Uhr

Eine Einschätzung der Arbeit von "Gemeinsame Liste STANDORT FORUM" zur Betriebsrarbeit der letzten Jahre: keine Stellvertreter-Politik.

Bevor wir zu einer Einschätzung der Entwicklung bei Infraserv Höchst kommen, müssen wir die Vergangenheit (Wahl 2002) Revue passieren lassen. Was war vor der Betriebsratswahl 2002 bei Infraserv Höchst passiert? Die IG BCE-Betriebsräte hatten sich in zwei Fraktionen gespalten, die IG BCE-Fraktion und die „Weiter mit uns“-Fraktion. Von der IG BCE-Fraktion (Abram und Nett) wurde das begründet mit der Nähe von Kilp (Betriebsratsvorsitzender) und Niebergall (Stellvertreter des Betriebsratsvorsitzenden) zum Arbeitgeber. Man wolle sich zukünftig wieder näher an den Interessen und Bedürfnissen der Arbeitnehmer orientieren und sich zum Arbeitgeber abgrenzen. Wir sagten bereits damals, dass es sich nicht um eine andere Politik handelt, sondern nur um die Sicherung von eigenen Interessen und Posten. Die Wähler wurden getäuscht.

Das Ergebnis der Betriebsratswahl 2002

Die Gemeinsame Liste STANDORT FORUM wurde stärkste Fraktion im Betriebsrat, gefolgt von der „Weiter mit uns“ und der IG BCE. Bei der Wahl um den Vorsitz des Betriebsrates trat unser Kollege Karl-Richard Worel an, obwohl wir keine Stimmenmehrheit im Betriebsrat hatten. Da wie zu erwarten, die beiden anderen Listen sich nicht auf einen Kandidaten einigen konnten, wurde unser Kollege Karl-Richard Worel zum Vorsitzenden des Betriebsrates gewählt. Wir waren in dieser Situation zur Übernahme der Verantwortung bereit, vor der sich die Listen IG BCE und „Weiter mit uns“ gedrückt haben.
In den darauf folgenden Jahren haben wir versucht, unsere Vorstellungen von Betriebsratsarbeit umzusetzen. Dass man mit den Kolleginnen und Kollegen gemeinsam etwas erreichen kann, zeigen die folgenden zwei Beispiele:

Beispiel 1 - Gleitzeit


Im Bereich des Technischen Services gab es ständig Beschwerden darüber, wie die Gleitzeitvereinbarung von den Vorgesetzten angewendet wurde. Mit ihren Unmutsbekundungen und ihrem Widerstand konnten Kollegen und Vertrauensleute den Arbeitgeber zu Verhandlungen über die Bedingungen der immer weiter um sich greifenden "6.00 bis 22.00 Uhr Vereinbarungen" bewegen. Die Forderungen waren: eine Reduzierung des Arbeitszeitrahmens auf 6.00 bis 18.00 Uhr, die Herausnahme des Samstags aus der Arbeitsplanung, die Möglichkeit, Überstunden mit 25% Zuschlag ausbezahlt zu bekommen sowie die stärkere Berücksichtigung persönlicher Belange bei der Erstellung von Arbeitszeitplänen.
In den Verhandlungen mit dem Arbeitgeber konnten wesentliche Verbesserungen gegenüber der Altvereinbarung erreicht werden. Dies ist umso erfreulicher, weil es trotz des Jammerns einiger Betriebsräte von „Weiter mit uns” und von IG BCE geschehen ist. Sie befürchteten, „das macht der Arbeitgeber nie“ und „wenn wir hier Veränderungen fordern, dann kündigt der Arbeitgeber das Modell, und wir bekommen wieder Gleitzeit mit Kernzeit”. Uns von STANDORT FORUM war von Anfang an klar, dass diese Befürchtungen unzutreffend sind. An Gleitzeit mit Kernzeit war der Arbeitgeber keines Falls interessiert, denn das hätte seine Forderung nach mehr Flexibilität ad absurdum geführt.
Als Wermutstropfen bleibt für uns allerdings, dass unsere Forderungen nicht eins zu eins umgesetzt werden konnten. Nur mit Bauchschmerzen stimmten wir daher zu. Ausschlaggebend war für uns, dass die Vertrauensleute, die maßgeblich zu der Neuverhandlung beigetragen hatten, in einer Versammlung das Verhandlungsergebnis akzeptierten, bevor es im Betriebsrat zur Abstimmung gestellt wurde.

Beispiel 2 - Schichtsystem verändert

Im Jahr 2002 kündigte der Arbeitgeber die Betriebsvereinbarung über das Schichtsystem der Feuerwehr. Vorausgegangen war ein Rechtsstreit über die Frage der Berechnung des Schichturlaubes. Der Arbeitgeber wollte ein völlig anderes Schichtsystem, dass für die Kollegen viel höhere Anwesenheitszeiten im Industriepark bedeutet hätte. Die Kollegen sprachen sich in mehreren Wachabteilungsversammlungen dafür aus, das alte Schichtsystem mit der entsprechenden Bezahlung zu erhalten.
Es wurde eine Verhandlungskommission gebildet. Neu an dieser Verhandlungskommission war, dass erstmalig auch die Betroffenen in die Verhandlungskommission gewählt wurden. Somit konnten sie direkt auf die Verhandlung Einfluss nehmen und ihre Kollegen aktuell über den Verhandlungsstand informieren. Bei den Verhandlungen konnte erreicht werden, dass das alte Schichtsystem und die Bezahlung erhalten blieben. Es wurde für beide Seiten eine nachvollziehbare Berechnungsmethode der Schichten und Freischichten gefunden.
Das Ergebnis der Verhandlungen wurde in mehreren Wachabteilungsversammlungen den Kollegen vorgestellt. Sie hatten damit vor Abschluss der Betriebsvereinbarung die Möglichkeit, ihre Meinung einzubringen. In den Wachabteilungsversammlungen stimmten die betroffenen Mitarbeiter der Betriebsvereinbarung zu.

Keine Stellvertreter-Politik/Betriebsratsarbeit

An diesen beiden Beispielen wird deutlich, wie wir uns Betriebsratsarbeit vorstellen. Wir wollen weg von der Stellvertreterpolitik hin zu einer Interessenvertretung, bei der die Kolleginnen und Kollegen mitentscheiden wie ihre Arbeits- und Sozialbedingungen aussehen. Darüber hinaus haben die letzten vier Jahre gezeigt, dass die Behauptung unserer politischen Gegner aus Wahlkampfzeiten nicht zutreffend ist. Ihre Unterstellung: „Wenn Karl Worel Betriebsratsvorsitzender wird, macht der Arbeitgeber gar nichts mehr und alles wird viel schlimmer”, muss ins Reich der Schauermärchen und Legenden verwiesen werden.
Weil wir im Betriebsrat keine Mehrheit hatten, konnten wir nur für kurze Zeit unsere Vorstellung von Betriebsratsarbeit umsetzen. Die beiden Listen „Weiter mit uns“ und IG BCE fanden wieder zusammen und verfolgten gemeinsam ihre alte Politik. Als Betriebsratsvorsitzender musste unser Kollege Karl-Richard Worel entsprechend der Mehrheitsbeschlüsse im Betriebsrat Betriebsvereinbarungen unterschreiben, obwohl wir als Die Gemeinsame Liste STANDORT FORUM gegen diese Betriebsvereinbarungen waren. Wenn der Betriebsratsvorsitzende seine Unterschrift verweigert, so kann er nach dem Gesetz des Amtes enthoben werden, nicht nur als Vorsitzender sondern auch als Mitglied des Betriebsrates.
Für die Betriebsratswahl 2006 haben sich die Listen von „Weiter mit uns“ und IG BCE Niebergall untergeordnet. Sie treten wieder mit ihrer alten Politik auf einer IG BCE-Liste an. Diesmal haben sie sich anscheinend bereits im Vorfeld auf die Postenverteilung geeinigt.

Betriebsratswahl 2006

Wir Die Gemeinsame Liste STANDORT FORUM stehen auch bei der Betriebsratswahl 2006 für unsere in den letzten Jahren unter Beweis gestellte geradlinige Betriebsratsarbeit. Wir wollen eine Interessenvertretung sein, bei der sich die Kolleginnen und Kollegen einbringen können, bei der sie vor Abschluss von Vereinbarungen die Möglichkeit haben, auch nein zu sagen oder Änderungen vorzunehmen. Wir wollen uns einsetzen für eine aktive Belegschaft, die ihre Belange wieder selbst in die Hand nimmt. Dabei werden wir sie mit all unseren Möglichkeiten, Wissen und Erfahrungen unterstützen. Nur wenn Belegschaft und Betriebsrat ihre Interessen gemeinsam verfolgen, können sie sich gegenüber dem Arbeitgeber behaupten.
Wie notwendig und wichtig es ist, dass wir zu einer solchen Politik der Selbstbehauptung kommen, zeigen uns die Entwicklungen in der Gesellschaft und bei Infraserv. Das Kapital und seine Manager werden immer raffgieriger. Es reicht nicht mehr, 10% Rendite zu erwirtschaften. Nein es müssen 20% oder sogar 30% sein. Die Volkswirtschaft dient nur noch der Raffgier der Unternehmer, und das Grundgesetz, in dem es heißt: „Eigentum ist dem Allgemeinwohl verpflichtet“, scheint ihnen völlig egal zu sein.
Was erwartet die Beschäftigten der Infraserv bei der derzeitigen Eigentümerstruktur? Auch diese Kapitalgeber wollen Leistungen zu geringsten Kosten. Sie wollen über niedrige Preise den Gewinn der Infraserv abschöpfen. Dabei ist es immer wieder der Part der Geschäftsleitung, uns zu sagen, Infraserv sei mit seiner Kostenstruktur nicht markt- und wettbewerbsfähig. Wir seien ein Dienstleistungsunternehmen und in diesem brauche man die 40 Std. Woche. Der Leistungsbonus sei zu hoch. Die betriebliche Altersversorgung (Penka I) sei zu teuer. Auch passe der Tarifvertrag der chemischen Industrie nicht zu einem Dienstleistungsunternehmen. Verlangt wird ein Branchentarifvertrag für Dienstleistungsunternehmen in der chemischen Industrie mit niedrigeren Entgelten.
Endlos geht diese Schraube weiter, es sei denn, wir schaffen es, Einhalt zu gebieten. Dazu brauchen wir die oben beschriebene Politik des gemeinsamen Handelns. Deshalb gehen Sie zur Wahl und entscheiden Sie sich mit Ihrer Stimme für die Betriebsräte von Die Gemeinsame Liste STANDORT FORUM. Entscheiden Sie sich für eine Zukunft, in der Betriebsrat und Kollegen zusammen den Forderungen der Arbeitgeber entgegen treten.






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